„Heiliger Sankt Florian; Verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an!“. Mit diesem ironischen Vers wurde früher der Schutzheilige Florian gegen Feuer- und Brandgefahren angerufen. Heute hingegen steht das Sankt-Florian-Prinzip für eine Haltung, die sich konsequent gegen Veränderungen und Wandel in der eigenen Nachbarschaft sperrt.
Wohnungs-, Schul- und Kitaneubau - das ist wichtig für das wachsende Berlin, muss aber nicht unbedingt in meinem Wohnumfeld geschehen, so argumentieren einige Akteure. Und trotzdem wir uns als Linke für den Ausbau von Bürgerbeteiligung einsetzen, müssen wir das dahinterstehende Problem anerkennen. Oftmals sind es gebildete und finanziell besser gestellte Akteure, die sich als laute Minderheit das Gehör der Kommunalpolitik verschaffen. Dass Anwohner ihre Interessen vertreten ist legitim. Sie haben ein Recht von der Politik gehört und ernst genommen zu werden. Am Ende aller Beteiligung steht aber oft die Erkenntnis, dass Fürsprecher wesentlicher Argumente aus strukturellen Gründen nicht zu Wort kamen. Wer ist die Stimme der zukünftigen Mieter und Schulkinder? Wer setzt sich für das gesamtstädtische Interesse ein?
In einer „Gesellschaft der Singularitäten“ droht das Gemeinwohl aus dem Blick zu geraten. Die Bereitschaft für andere auf Privilegien und Annehmlichkeiten zu verzichten, schwindet. Gegen diese Anwohnerinteressen zu agieren, bedeutet daher gegen massiven Widerstand unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Von der übergroßen Mehrheit der Wähler wird die Berliner Politik aber an einem anderen Maßstab gemessen. Hier hat die Lösung der Wohnungsfrage und die Schaffung ausreichender Kita- und Schulplätze Priorität. Dies sollten wir bei unseren Entscheidungen bedenken.